Das Tora-Schild der Familie Dottenheimer

Ein jüdisches Kunstwerk mit einer bewegten Geschichte

Zentrum des religiösen und gesellschaftlichen Lebens der jüdischen Gemeinde ist die Synagoge. Dort finden die täglichen Gebete statt und werden Feiertage begangen. Wichtiger Bestandteil des Gottesdienstes ist die Tora-Rolle, die aus den in hebräischer Sprache niedergeschriebenen Fünf Bücher Mose besteht. Die Tora-Rolle wird in einem besonderen Schrein (Aron hakodesch) an der Synagogenostseite verwahrt, an einem erhöhte Pult (Almemor) wird daraus vorgelesen. Verschiedene Ritualobjekte dienen zum Schmuck der Tora und verdeutlichen damit deren Verehrung und Wertschätzung.

Zu diesen Ritualobjekten gehört auch das Tora-Schild (Tass) der Familie Dottenheimer aus Gunzenhausen. Bei dem Stück handelt es sich um die außergewöhnliche Arbeit eines Nürnberger Goldschmiedes des frühen 18. Jahrhunderts mit aus Silber gedrückten Löwen, Einhörnern, einem Adler und Glasflussbesatz. Heute steht das kunstvolle Stück im Stadtmuseum Gunzenhausen für ein düsteres Kapitel lokaler Geschichte, das schließlich ein versöhnliches Ende gefunden hat.


Die Geschichte der Familie Dottenheimer

Als Sigmund Dottenheimer, Weingroßhändler in Gunzenhausen, 1913 Frieda Reinhardt heiratete, brachte seine Braut unter anderem das wertvolle Tora-Schild mit in die Ehe. Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten florierte das Geschäft, dann sah die Familie sich jedoch zunehmenden Repressalien ausgesetzt und musste die Weinhandlung aufgeben. Eine Weile versuchten die Dottenheimers sich mit einer Handelsvertretung und dem Ausschank von Kaffee und Wein finanziell über Wasser zu halten. Erst nach der Reichspogromnacht von 1938, als Sigmund Dottenheimer vorübergehend ins Konzentrationslager Dachau verschleppt worden war, verließ die Familie Gunzenhausen und zog nach Frankfurt am Main. Dem ältesten Sohn Fredi gelang es 1937, in die USA auszuwandern, seine Eltern, die drei jüngeren Geschwister und der Großvater wurden in verschiedenen Konzentrationslagern ermordet.

Fredi Dottenheimer baute sich als Kaufmann in St. Louis eine neue Existenz auf und kehrte niemals in seinen Geburtsort zurück. Erst seine Kinder Steven Dottheim und Faye Dottheim-Brooks und ihre Familien stellten den Kontakt wieder her, nachdem das Jüdische Museum Franken in Fürth sie als Erben des Tora-Schilds ausfindig gemacht hatte. Dort war das Familienerbstück ausgestellt, bevor es an die Nachkommen der Dottenheimers zurückgegeben wurde, die es der Stadt Gunzenhausen zu Ausstellungszwecken zur Verfügung stellen. Zur Präsentation der wertvollen Leihgabe im Stadtmuseum Gunzenhausen war die Familie Dottheim-Brooks persönlich angereist.


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